10+5 Feedbackregeln für Feedback geben mit vielen Beispielen

Selten herrscht eine so große Einigkeit über unterschiedlichste Organisationen wie zum Thema Feedback geben. Es zählt zum guten Ton des beruflichen Miteinanders, sich gegenseitig Rückmeldungen über das Verhalten zu geben und Rückmeldungen von anderen anzunehmen. Im Zuge von Agile und Scrum verschwinden offizielle Hierarchien und Feedback im Team oder in der Gruppe gewinnt noch mehr an Bedeutung.

Welche Feedbackregeln zu beachten sind, erfährst Du in diesem Beitrag. Für Feedbackgeber gibt es 10 konkrete Feedbackregeln mit vielen Beispielsätzen. Feedbacknehmer erhalten 5 konkrete Feedbackregeln, um konstruktives Feedback anzunehmen!

Zielgruppe des Blog-Beitrags

  • Menschen, die von anderen Menschen Feedback geben und/oder nehmen wollen, sollen oder müssen.
  • Menschen, die daran interessiert sind, besser miteinander in Kommunikation, in Begegnung, in Beziehung zu kommen.
  • Menschen, die Wege suchen, ihre eigene Art und Weise Rückmeldungen zu geben und zu nehmen zu verändern.
  • Menschen, die zum Thema Feedback einfache und wirksame Feedbackregeln kennenlernen möchten

Inhaltsverzeichnis

Was ist Feedback? Und was nicht!

Feedback ist eine in der Kommunikation erfolgte Rückmeldung zur eigenen Wahrnehmung von Situationen, Verhalten, Interaktionen und deren Wirkung auf einen selbst.

Konstruktives Feedback ist nicht die Zuschreibung von Eigenschaften, Charaktermerkmalen, Absichten und Zielsetzungen des Anderen. Feedback geben bedeutet: Keine Interpretationen, Vermutungen, Hören-Sagen! Feedback beschreibt nur, welches Verhalten beobachtbar war.

Grundsätzlich: Unbestimmtheit von Feedback

Wie dein Gegenüber dein Feedback aufnimmt, ob positiv oder negativ, kannst du nur vermuten. Du kannst deine Formulierungen noch so achtsam wählen, du weißt es im Vorhinein nicht.

Nicht jedes positive Feedback wird vom Kommunikationspartner positiv aufgenommen. Oder eine positiv gemeinte Rückmeldung, wird vom anderen Menschen als zu schwach, zu wenig positiv wahrgenommen. Es kommt ebenfalls vor, dass der Empfänger deines positiven Feedbacks gerne für etwas anderes gelobt worden wäre. Dies gilt ebenso für negativ intendiertes Feedback, welches ebenfalls anders interpretiert werden kann.

Die Bewertung des Feedbacks erfolgt beim empfangenden Menschen, unabhängig davon, wie du es gemeint hast. Du kannst in der Kommunikation nach deinem Feedback erkunden, wie dein Gesprächspartner dein Feedback interpretiert und bewertet (positiv, neutral, negativ).

Feedbackregeln für Feedbackgeber

Prüfe deine Absicht VOR dem Feedbackgespräch

Für ein gelungenes Feedbackgespräch ist es entscheidend, dass du selbst deine Absicht prüfst, mit der du das Feedback geben willst.

Was ist deine, vielleicht nicht ausgesprochene, Zielsetzung mit diesem Gespräch?

Beispiele

  • Potenziale ansprechen und Training hierzu vereinbaren, der Andere hat dann zu liefern, umzusetzen
  • Kritik von außerhalb der Abteilung an den betroffenen Mitarbeiter abgeben
  • eigenem Unmut Luft und Raum geben, die eigene Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen
  • Mitarbeiter mittelfristig entlassen, nach dem Gespräch gibt es eine Notiz in die Personalakte
  • du willst dieses Gespräch im Grunde gar nicht, aber die offiziellen Regeln schreiben dies vor
  • du weißt gar nicht genau, was du besprechen sollst, weil du zu wenig Kontakt mit dem Mitarbeiter hattest
  • der Mitarbeiter macht einen guten Job, mehr braucht es da gar nicht
  • du hast noch nie viel von den solchen Gesprächen gehalten, für dich ist verschwendete Zeit
  • einen lange schwellenden Konflikt mit anderen Mitarbeitern und/oder Kollegen endlich offen ansprechen
  • eine Veränderung der Situation herbeiführen, die durch sein negatives Verhalten, seine destruktiven Verhaltensweisen hervorgerufen wird
  • dem Mitarbeiter verständlich machen, dass er ein Coaching braucht

Deine Absicht drückt sich unbewusst in vielen kleinen Details, in der Wortwahl, in deinem Ton, deiner Körperhaltung aus. Deshalb sei dir dieser bewusst. Eventuell kannst du dies zu Beginn des Gesprächs offen ansprechen, um Entlastung für alle Beteiligten zu herbeizuführen.

Stelle dir zwei Fragen vorab

Rückmeldungen erfolgen meist als ein Gespräch auf Ebene der Hierarchie. Auf der einen Seite der Wissende, der Wertende, der Entscheider, der Chef oder die Chefin. Dabei könnte Feedback geben ein Gespräch auf Augenhöhe sein. Könnte, wenn der andere nicht zum Objekt degradiert wird. Das gleiche gilt für ein  Feedbackgespräch unter Kollegen, oftmals gibt es dort ein informelle Hierarchie (oder wie wäre es, wenn der Auszubildende dem Meister nach 1 Tag ein Feedback gibt?).

Ein Weg auf Augenhöhe zu gehen besteht darin, sich zwei Fragen vorab zu stellen:

  1. Was will ich vom anderen haben?
  2. Was kann ich dem anderen geben? Was kannst du ihm schenken?

Feedback als geben und nehmen von beiden Seiten zu betrachten. Jeder kann von seiner Position aus etwas geben und etwas nehmen. Dann sind wir näher dran an dem, was Gerald Hüther Potenzialentfaltung nennt.

Beim Schenken geht es nur um ein materielles Geschenk, sondern um ein ideales Schenken. Wie z. B. etwas vorüber du dich wirklich gefreut hast, weil der Andere es getan, es so getan hat. Wichtig ist dabei die Augenhöhe zu bewahren, und nicht von oben zu loben. Gerald Hüther fragt in diesem Kontext: Tut das, was ich tun will, dem anderen wirklich gut?

10 Feedbackregeln für Feedbackgeber

Die folgenden 10 Feedbackregeln können helfen, ein respektvolles, konstruktives und somit für alle Beteiligten positives Feedback zu geben. Nutze die Beispielsätze, um eigene Sätze für deinen konkreten Fall zu bilden.

Bevor es losgeht

Bereite das Feld. Angst ist der Feind von Feedback, weil Angst verhindert, dass dein Gesprächspartner die Aussagen offen aufnehmen kann. Deshalb gilt es eine Atmosphäre zu schaffen, indem die Beziehung im Vordergrund steht. Auf dieser Basis kann wirksames Feedback erfolgen.

Dies ist umso entscheidender, weil Feedback geben “normalerweise” eher negativ konstruiert wird. Wenn dich jemand fragt: “Willst du mein Feedback dazu haben?” oder du zum Feedback-Gespräch eingeladen wirst, so verbinden die meisten Menschen damit sofort negative Erwartungen. Natürlich bei gleichzeitiger, meist nicht ausgesprochener, Erwartungshaltung, dass Feedback doch wichtig und nur gut gemeint ist. Sich gegen Feedback zu wehren ist nicht einfach.

1. Respektvolle Haltung

Durch alle Aktionen und Aussagen schwingt deine Haltung zum Mitmenschen.  Die Haltung ist die unterschwellige Botschaft deines Feedbacks und wirkt unmittelbar auf dein Gegenüber. Intuitiv bemerkt dein Gesprächspartner, wie deine Haltung zu ihm ist.

Eine wohlwollende, respektierende, verbindende Haltung dem anderen Menschen und all seinem Sein, bereitet eine gute Basis für dein Feedback. Nicht Abwertung, Vor-ver-Urteil-ung, richtig-oder-falsch, gut-oder-böse – sondern Liebe zum Mitmenschen, Verbundenheit, Wahrnehmung, Annahme – ist der Boden auf dem Feedback wertschätzend vermittelt wird.

Die Beziehung zwischen dir und deinem Gesprächspartner steht über der inhaltlichen Rückmeldung.

2. Vier-Augen-Prinzip

Feedback, das von dir als „negativ“ eingeschätzt wird, sollte unter 4-Augen besprochen werden. Feedback, das von dir als Lob intendiert ist, kann unter Anwesenheit anderer Menschen erfolgen. Doch Achtung, ob ein Feedback als positiv oder negativ empfunden wird, entscheidet der Empfänger, nicht der Sender.

In diesem Zuge ist es hilfreich miteinander zu besprechen, wie gegenüber Dritten mit diesem Feedback umgegangen wird. Darf es offen kommuniziert werden, soll es offen kommuniziert werden?

3. Ich-Botschaften

Rede über dich, wie es auf dich wirkt, was es mit dir macht, welche Fragen du dir stellst. Zitiere keine Menschen, die nicht anwesend sind. Jeder im Raum spricht nur für sich.

Beispiele

Weise dem anderen keine Eigenschaft zu (“du bist stur”), sondern beschreibe, wie es auf dich wirkt (“wenn ich dich beim Abwasch beobachte, dann frage ich mich, ob du …”). Du kannst positive wie negative Wirkungen auf dich beschreiben (“ich ärgere mich, weil …”). Vermeide jedoch, daraus Du-Botschaften zu machen (“du bist egoistisch, weil …”).

4. Beobachten und beschreiben

Beschreibe, was in deiner Wahrnehmung passiert ist, d.h. welches Verhalten du beobachtest hast. Erkläre, was dir wichtig ist. Bewerte, wie es dir damit geht. Erkläre nicht, warum der andere so gehandelt hat oder was passiert sein könnte. Bewerte weder die Situation, noch andere Akteure.

 Erkläre das beobachtete Verhalten oder Nicht-Verhalten.

Beschreiben bedeutet möglichst konkret und nachvollziehbar zu sprechen. Manche verwenden dazu den Vergleich einer Videokamera, die aufnimmt, was passiert. Alles bezieht sich auf eine konkrete Situation.

Vier Schritte:

  1. Beobachtung
  2. Erklärung
  3. Bewertung
  4. Bedeutung

Auf der Ebene der (Selbst-)Beobachtung wäre eine wirksame Aussage: “In der letzten Sitzung hast du mich mehrere Male unterbrochen, ohne Bezug auf meinen Beitrag  zu nehmen oder deine Unterbrechung zu begründen.” Das Gegenteil davon wäre: “Du bist ein unmöglicher Mensch! Immer unterbrichst du mich!“ Letztere Aussage ist schwierig, weil sie Bewertungen und Verallgemeinerungen enthält.

Auf der (Selbst-)Erklärungs-Ebene gesprochen: “Mir ist ein konstruktives und offenes Gesprächsklima wichtig, in dem alle gehört werden und in Ruhe aussprechen können – ohne das beim ersten Luft holen jemand anderes den Redner unterbricht.” Destruktiv wäre in diesem Falle: “Du scheinst wohl noch nicht verstanden zu haben, dass wir uns hier ausreden lassen!”

Auf der (Selbst-)Bewertung könnte folgendes gesprochen werden: “Ich ärgere mich über dich und bin unsicher, ob mein Beitrag und meine Person für dich überhaupt eine Bedeutung haben.” Weniger zielführend wäre es: “Alle hier in diesem Raum leiden unter deiner Unfähigkeit, andere ausreden zu lassen.” Hier wird auf andere Akteure ausgewichen und nichts über die eigenen Bewertungen gesagt.

Auf der Ebene der (Selbst-)Bedeutung wäre folgendes möglich: “Ich muss immer wieder neu ansetzen, um meine Ideen einzubringen. Deshalb hänge ich oft hinterher. Außerdem vergeht mir so langsam die Lust, mich hier überhaupt an der Diskussion zu beteiligen.” Schwieriger wäre: “Du kannst dir wohl denken, was in mir vorgeht.”

5. Kein “heißes” Feedback geben

Wenn eine Situation dich emotional sehr trifft, so empfehle ich mit dem Feedback nicht sofort loszulegen. Sondern bewusst zu atmen und vielleicht sogar darüber zu schlafen. Manchmal scheint dies unmöglich, weil der innere Druck, deine Gedanken zum Ausdruck zu bringen, unerträglich wird. Gerade in diesen Situationen wird durch ein „heißes“ Feedback meist mehr Schaden  angerichtet, als Nutzen entsteht. Auf der anderen Seite gilt es Feedback zeitnah zu geben und nicht zu lange zu warten.

Wenn du um Feedback gebeten wirst, dich jedoch spontan nicht in der Lage dazu fühlst, so erkläre dies deinem Gesprächspartner: “Deinem Wunsch nach Feedback zur aktuellen Situation komme ich gerne nach. Mir ist es wichtig, dir nicht zwischen Tür und Angel Feedback zu geben, sondern ich möchte mich darauf vorbereiten. Hast du nächste Woche Zeit für ein Feedback-Gespräch?”

6. Nimm dir Zeit

Feedback geben zwischen Tür und Angel vermindert dessen Wirkung. Du brauchst Zeit, um dein Feedback darzulegen. Anschließend braucht es Zeit, um auf die Reaktion und die (unausgesprochenen) Fragen deines Gesprächspartners einzugehen. Ein Feedback ohne die Möglichkeit offene Themen zu klären, öffnet Spekulationen und Fehlinterpretationen Tür und Tor.

7. 100 % Aufmerksamkeit

Wenn du Rückmeldung gibst, gebe Rückmeldung. Mache nichts anders. Telefon aus, Türe zu. Sei ganz und gar im Moment, in dem Austausch mit deinem Gegenüber. In diesem Augenblick gibt es nichts wichtigeres als das Gespräch. Sonst lasse es! Ein solches Gespräch mit Ablenkungen wirkt im besten Fall gar nicht, im Normalfall negativ.

8. Hüte dich vor Humor und Ironie

Humor, Ironie und erst recht Sarkasmus sind grundsätzlich nur schwer zu verstehen und unangebracht, wenn es um Feedback geben geht. Bestenfalls verunsichert dies dein Gegenüber so stark, dass es nicht mehr weiß, ob das Feedback nun ernst gemeint war oder nicht. Im Normalfall führt es zu Fehlinterpretationen und lenkt die Energie beim Gegenüber in falsche Bahnen.

9. Nicht zu viel auf einmal

Wenn du mehrere Punkte ansprechen möchtest, so überlege dir gut, in welcher Reihenfolge und wie viel du ansprechen möchtest. Ein verbaler Rundumschlag verunsichert dein Gegenüber – es zerstört die Beziehung. Gib ihm die Chance das Gesagte zu verdauen. Hüte dich davor, zu viele Themen aufzumachen. Lieber eine nach der anderen.

Alternativ kannst du Termine vereinbaren, um regelmäßig Feedback zu ermöglichen.

10. Formuliere deine Erwartungen

Als Feedback-Geber hilfst du dem Feedback-Nehmer, wenn du klar formulierst, warum du dieses Feedback gibst. Selbst, wenn du um Feedback gebeten wurdest, kann es dem Anderen helfen, deine Aussagen besser zu verstehen.

Ein Beispiel für bewegendes, veränderndes Feedback

Diese Geschichte berührt, weil sie in ihrer Art und Weise Feedback zu geben berührt. Beachte beim Video, was der Protagonist als Feedback sagt. Was ist der Fokus seines Feedbacks?

Kurze Erläuterung: Er spricht in seinem Feedback darüber, was er erlebt hat. Er spricht über sich, seine Erfahrungen, Empfindungen, Gefühle, Gedanken. Er spricht nicht über die anderen und unterstellt ihnen Eigenschaften … Das überlässt er jedem selbst.

Feedbackregeln für Feedbacknehmer

Prüfe deine Erwartungshaltung VOR dem Feedbackgespräch

Falls ein Rückmeldegespräch ansteht, hast du die Möglichkeit dich in Ruhe auf das Gespräch vorzubereiten. Aus meiner Sicht ist eine Frage dazu entscheidend: Was erwartest du an Aussagen vom Feedbackgeber?

  1. Schreibe es auf!
  2. Lese es dir in Ruhe durch!
  3. Was sind deine Annahmen auf der Beziehungsebene hinter deiner Erwartung!

Jede Rückmeldung ist immer eine Beziehungsaussage zwischen zwei Akteuren. Selbst keine Rückmeldung sagt etwas über die Beziehung aus – dies kann positiv oder negativ interpretiert werden.

Somit kannst du deine aufgeschriebenen Erwartungen als die sichtbaren Annahmen deiner Beziehungsebene verstehen. Sie sagen sehr viel über deine Perspektive auf eure Beziehung aus.

Sie sagt viel darüber aus, …

  • … wie du glaubst, dass der andere dich sieht
  • … wie du glaubst, ob der andere dich gerade mag oder nicht
  • … wie du glaubst, ob der andere es gut mit dir meint oder nicht
  • … wie du glaubst, was der andere für ein Mensch ist
  • … wie du glaubst, wie eure gemeinsame Vergangenheit war
  • … wie du glaubst, wie eure gemeinsame Zukunft werden könnte

Wenn du dich besser verstehst, deine Annahmen besser kennst, hast du die Chance, dich von einen Beziehungsannahmen zu lösen und freier, offener in das Gespräch zu gehen. Du kannst die Beziehungsebene von der Inhaltsebene trennen. Bleibst ruhiger, gelassener und souveräner.

5 Feedbackregeln für Feedbacknehmer

1. Möchtest du Feedback

Es besteht keine Pflicht Feedback anzuhören. Du darfst jedes Feedback ablehnen. Du darfst sein, wie du bist.

Teile dem potenziellen Feedback-Geber respektvoll mit, dass du kein Interesse an seinem Feedback hast. Falls dir das Feedback zu einem späteren Zeitpunkt haben möchtest, frage ihn, ob er es dir später geben kann.

Nur weil dir jemand Feedback geben will, heißt das nicht, dass du es dir anhören musst. Brené Brown so treffend:

2. Atmen, bewusst atmen

Die Konzentration auf deinen Atem hilft dir, klar zu bleiben.

In dieser Klarheit kannst du dir bewusst machen, dass es viele Sichtweisen (Wahrheiten) gibt. Gerade wirst du Zeuge der Sichtweise eines Mitmenschen. Was der Feedback-Geber mitteilt, sagt mehr über ihn, als über dich aus (worauf er achtet, was ihm wichtig ist, was ihn berührt, was er nicht mag, …).

Egal was der Feedback-Geber zu dir sagt (oder schreibt), in seiner Vorstellung hat er die Situation, die Interaktion so erlebt.

Wenn du dieses Erleben nicht akzeptierst, ihn nicht in diesem Erleben siehst, wird keine Verbindung entstehen. Das bedeutet nicht, dass du ihm recht gibst oder das seine Äußerung die Wahrheit darstellt. Es bedeutet vielmehr, dass du ihn siehst– mit seiner Sicht auf die Situation.

3. Wirkliches Hinhören

Wenn du bei deiner ersten Reaktion die drei genannten Dinge berücksichtigst (atmen, viele Wahrheiten, den anderen sehen), hast du gute Voraussetzungen für diesen Schritt: Zuhören.

Neugier sollte dich antreiben. Neugier darauf, wie der andere die Situation erlebte, was ihn dazu beschäftigt, was er wahrnahm (in seiner Welt). Versuche nicht, etwas „richtig“ zu stellen oder zu korrigieren. Du kannst jedoch fragen, wenn du etwas nicht verstanden hast (Verständnisfragen). Oder nach der konkreten Situation, der konkreten Aussage fragen. Alle Fragen, die dir helfen den Anderen zu verstehen, sind erlaubt. Alle Fragen, die die Wahrnehmung des Anderen infrage stellen, schaden dir und dem Anderen.

Am Ende des Hinhörens hast du ein Bild davon, wie der Andere die Situation sieht, wie er sich dabei fühlte, welche Gedanken ihn beschäftigen und warum er dir dieses Feedback gibt.

Vielleicht fällt es dir an einigen Stellen sehr schwer, den Feedback-Geber nicht zu unterbrechen. Du willst sofort die Dinge klarstellen, mitteilen, wie es „richtig“ war oder wie „wirklich“ gemeint war. Tue es nicht. Lass den Feedback-Geber ausreden, in der Zeit, die er braucht.

Der Unterschied zwischen Hinhören und Zuhören erscheint auf den ersten Blick unbedeutend. Doch Zu-Hören macht gedanklich bereits “zu”, man wendet sich unbewusst ab, macht “zu”.

Dagegen öffnet das Hin-Hören. Man wendet sich “hin”, unbewusst wird das Interesse aktiviert.

4. Deine Antwort

Darfst du antworten? Ja. Der Andere wird dir zuhören, wenn er selbst das Gefühl hat, dass er in seiner Sichtweise gesehen wurde.

Darfst du dich rechtfertigen? Wenn du es möchtest, ja. Doch verbindender ist es, wenn du über deine Wahrnehmung sprichst, deine Intention, deine Beweggründe.

Trenne klar zwischen den Ebenen der sprachlichen Formulierung (beobachten, erklären, bewerten, Bedeutung geben). Trenne klar zwischen dir, dem Anderen und möglichen Dritten. Spreche stets für und über dich.

5. Nach dem Feedback-Gespräch

Am Ende des Feedbacks entscheidest du in Ruhe, was du mit diesem Feedback machst, ob und was für dich passt. Du kannst es verwerfen, es ignorieren. Es ist in Ordnung, wenn du Feedback ignorierst, da du sonst bei der Vielfalt der Wahrheiten, zum Spiel der Meinungen anderer wirst.

Wenn dich ein Feedback berührt und du es zum Anlass nehmen möchtest, etwas zu verändern, so ändere es. Arbeite heute damit – und verschwende keine Gedanken an die Vergangenheit. Du kannst dem Anderen deine Wahrheit mitteilen, dich entschuldigen, dass es den Anderen getroffen, was du getan hast.

Du besitzt die freie Wahl, was du mit dem Feedback machst. Mache dir nochmals bewusst, dass es sich nicht um Wahrheiten handelt, sondern um subjektive Wahrnehmungen.

Praxistipp: In 7 Schritten auf Kritik antworten

David Kantor hat in seinem Buch ‘Reading the room’ diese wunderbare Methode vorgestellt, mit der du auf Kritik konstruktiv reagieren kannst.

Bystand ›› Follow ›› Move

Hier seine 7 Schritte:

  1. Widerstehe dem Handlungsimpuls. Bleibe in der Selbstführung.
  2. Gebe dem Anderen die Luft, den Raum, die Zeit seine Gedanken zu äußern.
  3. Atme ruhig, sei entspannt.
  4. Sage erst einmal nichts, sondern gib eine Rückmeldung, dass du es vernommen hast, z. B. „mmmmhhhhhhmmmm“. Atme achtsam.
  5. Sage mit deinen Worten, was der Andere kritisiert. [bystand-action]
  6. Nach Möglichkeit ein follow, z. B. die Kritik bestätigen, Recht geben, ich mag es nicht, so zu sein. [follow-action]
  7. Lade den Anderen ein, mehr über seine Sicht zu erzählen. [move-action]

Feedback-Kultur und Feedback-Religion

Wir leben in einer Feedback-Kultur. Manchmal erscheint es eine Feedback-Religion zu sein. Religion deshalb, weil Feedback als durchweg positiv, wertvoll und lebensnotwendig definiert wird. Kein Feedback zu wollen, ist in manchen Organisationen ein Tabu. Der Feedbackbogen das jährliche Sakrament. Das 360 Grad Feedback die vergemeinschaftete Absolution für alle Sünden.

Feedback geben und nehmen wollen, signalisiert Offenheit, Lernbereitschaft und Teamfähigkeit. Sich Feedback zu verschließen, stigmatisiert die Menschen zu Einzelkämpfern, zu nicht teamfähig, verbohrt und veränderungsunwillig sind.

Doch grundsätzlich hat jeder Mensch das Recht, selbst zu entscheiden, ob er Feedback geben oder annehmen will. Jeder hat das Recht, so zu sein, wie er ist. Feedback darf keine Religion werden, die Andersgläubige abwertet.

Theoretische Grundlage: Die Theory of Mind

Für wirksames Feedback geben und nehmen gibt es eine hilfreiche Theorie, die Theory of Mind. Sie beschreibt die Möglichkeit von anderen Wirklichkeiten. Klingt banal, ist es in der Praxis jedoch nicht. Im Gegenteil, oft erlebe ich verhärtete Weltsichten, bei dem jede/r auf seine Wahrheit besteht.

Erfahre in diesem Artikel von mir mehr über die Theory of Mind.

Wie kann ich mich gegen Feedback wehren?

Es klingt etwas sonderbar, doch ich erlebe es in meinen Feedback-Coachings immer wieder, dass Menschen fragen, wie sie sich gegen ungewolltes Feedback wehren können.

Da gibt es die Menschen, die jedem und in jeder Situation, gefragt oder ungefragt, Feedback geben. Natürlich nur für die gute Sache, natürlich nur Wohlwollend dir gegenüber. Und dafür nimmt sich der Feedbackgeber auch noch Zeit, investiert in die Kommunikation, alles nur für dich.

Doch nicht jedes Feedback ist konstruktiv, ist sachlich, ist wohl formuliert oder wohlwollend. Manchmal wird es als Waffe mißbraucht. Es wird benutzt, um eigene Ziele durchzusetzen, Macht zu demonstrieren und Grenzen aufzuzeigen. Verpackt als trojanisches Pferd.

Du kannst dich gegen so ein Feedback erfolgreich wehren. Wie genau zeige ich dir im Feedback-Coaching.

Was ist mit Feedbackregeln im Workshop?

Ein Workshop findet mit Gruppen statt. Ein Moderator oder Facilitator begleitet die Gruppen zu ihrer Zielerfüllung. Nun stellt sich manchmal die Frage, ob in solchen Veranstaltungen reihum Feedback gegeben werden soll.

Die Antwort lautet: Jain!

Im Plenum, d. h. in der großen Runde mit allen Akteuren sich gegenseitig offen und frontal Feedback zu geben erfordert starke Nehmerqualitäten. Es spielen viele unterschiedliche Beziehungen, Abhängigkeiten, Geschichten eine Rolle, als dass dies auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Es ist möglich, muss jedoch mit Vorsicht und Einfühlungsvermögen erfolgen. Insbesondere ist zu beachten, dass die Aufmerksamkeit in einem solchen Setting zum großen Teil auf die Beziehungsebene und die Anderen gelenkt wird (z. B. was denkt A wohl über die Rückmeldung zu mir usw.).

Das Tandem (2 in einer Gruppe)

Im Tandem fällt Feedback auf einen klar abgrenzten Boden. Die Achtsamkeit der Akteure ist fokussiert und die Energie kann eher auf die Inhaltsebene konzentriert werden. Später im Plenum kann jeder entscheiden, ob und was er von dem Feedback in die große Runde geben mag – und was nicht. Doch auch im Tandem braucht es eine Offenheit und Vertrautheit zwischen den Akteuren, sonst wird es Ringelpietz-ohne-Anfassen (ich bin nett zu dir und du bist nett zu mir).

3 oder mehr in einer Teilgruppe

Mit 3 oder 4 Akteuren in einer Teilgruppe wird es wieder schwieriger. Je nach Vertrautheit gelten hier die Regeln für das Plenum oder für das Tandem. Generell gilt es Feedback achtsam zu moderieren und nach der Feedback-Runde auf Veränderungen in der Veranstaltung zu achten. Manchmal braucht der ein oder andere Akteur in der nächsten Pause ein kurzes Zweiergespräch.

Unterstützung durch externe Moderation?

Manchmal ist die Beziehung zwischen zwei Menschen so verfahren, dass ein Feedback kaum oder gar nicht mehr möglich ist. Viele Führungskräfte kennen diese Situation. Selbst der beste Trainer, das beste Seminar, der beste Coach mit den modernsten Methoden kann keine Besserung für den Teilnehmer herbeiführen. Das Problem ist, dass nur eine Seite der Beziehung unterstützt wird –  die andere Seite ist nicht. Und im nächsten Meeting beginnt das Spiel für die Führungskraft oft von Neuem. Gut gelernte Ansätze verpuffen im Beziehungssumpf.

Mediation entlastet die Protagonisten

Wirkungsvoller kann in diesem Fall eine externe Moderation (in diesem Sinne einer Mediation) mit einem erfahrenen Moderator und Mediator sein. In solchen Meetings können sich die zwei Akteure mit Unterstützung des Moderator und dessen integraler Moderation auf die Inhalts- und Beziehungsebene konzentrieren. Mit passenden Methoden schafft der Moderator oder der Facilitator in diesem Meeting das gegenseitige Hinhören zu ermöglichen. Mit seiner Moderation eröffnet er Begegnungsräume des Frustes, der Enttäuschungen, der Missverständnisse, der Vorwürfe, der Vorverurteilungen und kann dies als Saat nehmen, um die Teilnehmer auf eine konstruktive Arbeitsbasis zu bringen.

Coaching im Anschluss stabilisiert die Fortschritte

Ideal wäre im Anschluss beide Teilnehmer noch eine kurze Wegstrecke als Coach zu begleiten, um die angestoßene Verbesserung zu stabilisieren und kleiner Rückschläge produktiv zu integrieren. Ich unterstütze dich gerne bei diesem Prozess.

Häufige Fragen und Antworten

Ja, ich biete ein individuelles Coaching an. Bei Interesse bitte eine kurze Nachricht an mich. Hier klicken.

Über positives Feedback freuen sich die meisten, über negatives Feedback ärgern sich die meisten. Dabei sind beide Fälle ein Zeichen von Hierarchie und Abhängigkeit. Wer dich loben darf, darf dich kritisieren – weil du ihm die Macht dazu verleihst. Ein Ziel könnte es sein, dass du neugierig und interessiert jedes Feedback aufnimmst. Jede Rückmeldung verrät mehr über den Rückmeldenden, als über dich.

Es gibt Ratgeber, die sagen: Loben in der Gruppe, Kritik im Einzelgespräch.

Ich mag es so absolut nicht sagen. Es hängt davon ab, wie die Situation ist, was dir wichtig ist, was für ein Vorgeschichte ihr habt. Manchmal macht es Sinn, vor der Gruppe Kritik zu äußern und im Einzelgespräch zu loben.

Viel wichtiger erscheint mir, darauf zu achten, wie du lobst. Insbesondere ob du mit “Du-Botschaften” lobst, oder bei dir bleibst.

Du kennst sicherlich die Aussage: “Ah, der war wohl auf einem Seminar, so wie der jetzt redet!”.

Die Menschen erkennen sehr schnell, ob jemand nur eine Methode anwendet, oder ob er aus seiner Mitte spricht. Ich glaube nicht an Methoden, weil Menschen unterschiedlich sind. Und das ist gut so.

Als Coach erarbeite ich gemeinsam mit dir deine individuelle, persönliche Vorgehensweise, abgestimmt auf deine Situation. Das ist dann keine Standardkonserve, sondern kraftvolle, wirksame und stimmige Kommunikation.

Konflikte, z. B. zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, sind keine Ausnahme, sondern die Regel. Dort wo es keine Konflikte zu geben scheint, stimmt etwas nicht.

Die Fähigkeit mit Konflikten umzugehen, entscheidet dabei, wie offen zukünftige Konflikte angesprochen werden. Die zuschauenden Kollegen beobachten sehr genau, wie der Chef auf Kritik reagiert, wie er einen Konflikt “löst”.

Wirksames Feedback kann unterschiedliche Ansichten würdigen, ihnen Raum geben, sie sehen und sie stehen lassen. Allein das Gesehen-werden kann bereits zur Klärung beitragen. Die meisten Konflikte können nicht “gelöst” werden (so wie wir Schulaufgaben lösen können). Konflikte sind alltägliche Herausforderungen in unserer Komplexen Welt. Entscheidend ist ein wahrnehmen, ein berücksichtigen und ein wertschätzen von Konflikten.

Darauf kann ich klar Ja und Nein sagen. Natürlich gilt, dass wer diese Feedbackregeln stur und dogmatisch anwendet, ohne auf die Menschen, die Situation und den Kontext einzugehen, der verhindert, was er erreichen möchte.

Wer jedoch diese Feedbackregeln kennt und mit Augenmaß anwendet, der wird besseres Feedback geben und erhalten. Es gilt auf die Menschen zu schauen, auf die Situation und den Kontext des Feedbacks.

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